Corona-Krise und die Pflichten des GmbH Geschäftsführers
Das neuartige „SARS-CoV-2“ (Covid-19)-Virus stellt viele, insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, vor gigantische Herausforderungen. Die im Zentrum der unternehmerischen Krisenbebewältigung stehenden Geschäftsführer sind besonders gefordert und sollten genau darauf achten, ihre gesetzlichen Geschäftsführerpflichten gerade auch in Corona-Krisenzeiten zu erfüllen.
Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen Pflichten des GmbH-Geschäftsführers in der Corona-Krise.
I. Allgemeine Pflichten des Geschäftsführers
Ungeachtet der aktuellen Lage gilt, dass Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben. Verletzen Geschäftsführer ihre Obliegenheiten, haften sie der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden (§ 43 GmbHG). Unter die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ fallen u.a. die folgenden Pflichten:
- Legalitätspflicht („Compliance“), einschließlich der Folgepflicht bei Weisungen der Gesellschafter;
- Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung, insbesondere ordnungsgemäße Ermessensausübung unter Beachtung der sog. „Business Judgement Rule“;
- organschaftliche Treue- und Verschwiegenheitspflicht.
II. Besondere Pflichten in der Krise
In der aktuellen Krise werden an die Geschäftsführer jedoch weitergehende Anforderungen gestellt.
1. Anpassung der Unternehmensplanung; engmaschige Überwachung der Lage der Gesellschaft
Da die Unternehmensplanung die Konsequenzen der Covid-19-Pandemie noch nicht abbildet, muss diese unverzüglich (!) vor dem Hintergrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen überprüft und angepasst werden. Schwerpunktsmäßig sollte die fortwährende Zahlungsfähigkeit des Unternehmens geprüft und überwacht werden, um eine etwaig drohende Zahlungsunfähigkeit rechtzeitig zu erkennen und ggf. abwenden zu können. Auch sollte darauf geachtet werden, ob es durch die Krise zu einer Überschuldung des Unternehmens kommen kann und welche Konsequenzen eine Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung im Hinblick auf die damit grundsätzlich verbundene Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführung (§ 15a Abs. 1 InsO) hätte. Aufgrund des ungewissen Zeitrahmens behördlicher Restriktionen sind ggfs. unterschiedliche Szenarien in die Planung einzustellen. Etwaige Nachlässigkeiten, gar ein vollständiges Unterlassen der Plananpassung, können zur Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft führen.
Darüber hinaus kann das Versäumnis der rechtzeitigen Insolvenzantragsstellung die Geschäftsführung nicht nur haftungsrechtlich empflindlich treffen (§ 64 GmbHG), sondern grundsätzlich auch strafrechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführung haben (§ 15a Abs. 4 InsO). Insoweit ergibt sich allerdings eine vorübergehende Erleichtung durch das am 27.03.2020 in Kraft getretene Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Durch das Gesetz wird die Insolvenzantragspflicht aus § 15a InsO bis zum 30.09.2020 ausgesetzt, sofern die Insolvenzreife auf den Folgen der Corona-Pandemie beruhen und Aussicht darauf besteht, dass eine Zahlungsunfähigkeit wieder beseitigt werden kann. Beides wird vermutet, wenn die Gesellschaft am 31.12.2019 noch nicht zahlungsunfähig war.
2. Abwendung und Minimierung des Schadensrisikos
Der GmbH-Geschäftsführer sollte darüber hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen treffen, um pandemisch begründete Schäden/Nachteile vom Unternehmen abzuwenden bzw. diese auf ein Minimum zu reduzieren. Die zu treffenden Maßnahmen können im Einzelfall, je nach Größe und Branche des Unternehmens, stark variieren. Umfasst sind etwa hygienische Schutzmaßnahmen der Belegschaft, eine angepasste Personalplanung, kurzfristige Kostensenkung, Liquiditätssicherung (Erweiterung von Kreditlinien) und die rechtliche Prüfung von Vertragsbeziehungen.
3. Externe Beratung und Dokumentationspflichten
In Zeiten der Corona-Krise rückt die Einholung externer Beratung in den Vordergrund. Soweit die Geschäftsführung im Einzelfall nicht selbst über die erforderliche Expertise verfügt, sollte sie sich außerhalb des eigenen Unternehmens fachkundigen Expertenrat einholen.
Darüber hinaus sollten Geschäftsführer zur Vermeidung von Haftungsrisiken geplante und durchgeführte Maßnahmen sowie nachträgliche Kontrollmechanismen sorgfältig dokumentieren.