Werbung
Auch in der Werbung bleibt die Corona-Krise nicht ohne Folgen. Zahlreiche Unternehmen haben aufgrund des veränderten Konsumverhaltens ihre Werbung geändert oder versuchen, mit mehr oder weniger überzeugenden Aussagen Vorteile aus der Situation herzuleiten. Zwar bestehen insoweit keine gesetzlichen Neuregelungen. Verschiedene Werbepraktiken sind aber auch nach den allgemeinen Bestimmungen bedenklich.
Werbung mit dem Begriff „Hygiene“
Die Begriffe „Hygiene“ oder „hygienisch“ und entsprechende Wortkombinationen können grundsätzlich in der Werbung verwendet werden. Da die Begriffe rechtlich nicht eindeutig definiert sind, kommt es bei der Gestaltung von Werbung mit diesen Begriffen darauf an, keine irreführende Aussage zu verbreiten.
Allgemeine Hinweise auf die Bedeutung von Hygiene („Jetzt an die Hygiene denken!“) sind in der Regel zulässig. Problematisch sind hingegen Aussagen, die eine spezifische Wirkung von Reinigungsprodukten auch gegen Viren und Bakterien suggerieren („Kommen Sie mit Produkt XY hygienisch sicher durch die Corona-Zeit“). Diese Aussage ist zwar ebenfalls grundsätzlich zulässig, soweit sie inhaltlich zutreffend ist und das beworbenen Produkt einen Schutz vor dem Virus bietet. Allerdings sind zahlreiche wissenschaftliche Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus noch ungeklärt, so dass der Hintergrund der Aussage möglicherweise nicht völlig sicher ist. Hier gilt dann der Grundsatz, dass die Beweislast für die Richtigkeit einer Aussage bei wissenschaftlichen umstrittenen Aussagen bei dem werbenden Unternehmen liegt. Es genügt dann nicht, dass etwa die Wirksamkeit eines Produktes gegen normale Influenzaviren nachgewiesen wurde und aus diesem Grund nach aller Wahrscheinlichkeit auch einen Schutz vor dem Coronavirus bietet. Solang diese Ansicht nicht wissenschaftlich zweifelsfrei ist, wäre eine entsprechende Werbung unzulässig.
Riskant sind auch Aussagen, die auf die besondere Zuverlässigkeit eines Anbieters unter hygienischen Aspekten verweisen. Dies gilt etwa für die aktuelle Radiowerbung eines Lebensmittellieferanten mit der Aussage „Sämtliche unserer Speisen werden zu 100 % hygienisch zubereitet“. Die Werbung mag inhaltlich zutreffen und vor dem Hintergrund der Corona-Krise auch interessant klingen. Nach allgemeinen lebensmittelrechtlichen Vorschriften muss die Herstellung von Lebensmitteln jedoch ohnehin „100 % hygienisch“ ablaufen. Andernfalls dürfte das entsprechende Unternehmen keine Lebensmittel herstellen und vertreiben. Es handelt sich somit um eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten.
Werbung mit Hinweisen auf „Schutz“
Ebenfalls beliebt sind Werbeaussagen, die auf die Eignung bestimmter Produkte zum Schutz vor Coronaviren hinweisen. Auch in diesen Fällen liegt jedoch eine irreführende Werbung vor, wenn die Produkte die ausgelobten Eigenschaften nicht aufweisen.
Unzulässig ist unter anderem die Werbung für „Atemschutzmasken“, wenn tatsächlich keine Masken angeboten werden, die nach medizinischen Maßstäben einen Schutz vor der Übertragung von Viren gewährleisten. Die vielfach angebotenen, teils selbst genähten Abdeckungen für Mund und Nase sind keine Atemschutzmaske und dürfen als solche nicht beworben werden.
Ebenfalls irreführend ist selbstverständlich jede Form der Werbung, die einen Schutz vor dem Coronavirus oder den Krankheitsfolgen durch Einnahme von Bonbons, Säften oder ähnlichen Substanzen suggeriert.
Problematisch sind schließlich auch Aussagen, die nahelegen, eine bestimmte Eigenschaft eines Produkts sei speziell anlässlich der Corona-Krise und zum Schutz vor Covid-19 entwickelt worden. Selbst wenn die Eigenschaft tatsächlich zum Schutz vor dem neuartigen Coronavirus beiträgt, kann eine solche Darstellung einen irreführenden Eindruck erwecken, weil keine spezifische Neuentwicklung vorliegt.
Fallstrick Arzneimittelwerbung
Werbeaussagen, mit denen behauptet oder suggeriert wird, das beworbene Produkt wirke gegen Covid-19, sind auch aus anderen Gründen höchst problematisch:
Allein die mit einer Werbeaussage getroffene Bestimmung, das beworbene Mittel könne Krankheiten heilen, lindern oder verhüten, kann Produkte, insbesondere Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel, zu Arzneimitteln im Sinne des Arzneimittelgesetzes machen – und zwar ohne, dass es auf deren pharmakologische (Un-)Wirksamkeit ankommt.
Arzneimittel dürfen aber generell nur dann rechtmäßig vertrieben und beworben werden, wenn alle anwendbaren Vorschriften des Arzneimittelrechts eingehalten werden, das Produkt insbesondere über die erforderliche Zulassung verfügt. Selbst in diesen Fällen darf mit einer Wirkung gegen eine nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheit wie Covid-19 nur gegenüber den Fachkreisen geworben werden.
Werbung gegenüber dem allgemeinen Publikum, die sich auf die Erkennung, Verhütung, Beseitigung oder Linderung von Covid-19 bezieht und zu Beginn der Corona-Krise in zahlreichen Angeboten auf Amazon zu finden waren, ist daher in jedem Fall unzulässig. Verstöße können nicht nur zivilrechtlich, sondern auch mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro geahndet werden.